Namensänderung in „Erwin Rehn“ Gymnasium

Namensänderung in „Erwin Rehn“ Gymnasium

 

Der Ortsverband DIE LINKE. Heide findet, das Gymnasium GHO sollte den Namen von Erwin Rehn annehmen.

Erwin Rehm, in Heide geboren, hat sich als Jugendlicher gegen das System des Nationalsozialismus gestellt, indem er englische Flugblätter mit seinen Klassenkameraden diskutieren wollte und es nicht so hinnahm, dass Menschen, die nicht in diesem Land geboren wurden, anders angesehen und behandelt wurden. Dafür wurde er als 16jähriger denunziert und inhaftiert, musste im KZ bis zu seiner Befreiung zwei Jahre schwere Zwangsarbeit verrichten.

Die Tuberkulose, an der Rehn bei Kriegsende erkrankt war, konnte jederzeit wieder aktiv werden, weswegen er und seine Familie häufig nach Kiel zum Röntgen mussten. Die zahlreichen Besuche bei medizinischen Gutachtern hatten auch einen anderen Grund: Vor dem Landesentschädigungsamt musste er immer wieder nachweisen, dass er seine Opfer-Rente zu Recht bezog. Bis an sein Lebensende ging es um die Prozente der Erwerbsminderung durch die Tuberkulose und deren Folgen. Ebenfalls jahrzehntelang ging es um den Nachweis, dass es sich bei der „Konspiration mit Ausländern“, welche die Gestapo dem 16jährigen Rehn vorgeworfen hatte, tatsächlich um einen Akt des politischen Widerstandes gehandelt hatte. Eine große Hürde für die Behörden war dabei offensichtlich der Name „Jugendschutzlager Moringen“, denn dieser klang so gar nicht nach Konzentrationslager und Zwangsarbeit.

Niemand in der Familie oder im Bekanntenkreis – geschweige denn die, mit diesem Themenkreis befasste Bürokratie – hat je nachvollziehen können, was die einstigen Gefängnis- und KZ-Insassen tatsächlich mitgemacht haben, wie sie von ihren Peinigern verletzt und erniedrigt wurden. Gerechtigkeit hat er Zeit seines Lebens für diese Zeit im Konzentrationslager nicht erfahren, aber er hatte lebenslang darunter zu leiden.

Mit der Namensgebung „Erwin Rehn“ Gymnasium würde dieser Mensch geehrt werden und das Gymnasium hat mit seiner Geburt einen Bezug zur Stadt Heide, mit seinem Tod zum Landkreis Dithmarschen, durch seine Schriftstellerei einen Bezug zur Kultur, aufgrund des Alters bei seiner Verhaftung einen Bezug zu den Schülern des Gymnasiums, mit seinem Handeln einen Bezug zum Widerstand im Nationalsozialismus und mit seinem lebenslangem Leiden einen Bezug zu Opfern des Nationalsozialismus.

Wir sind der Meinung, dass das Leben von Erwin Rehn durchaus dazu geeignet ist, eine Vorbildfunktion für Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums zu erfüllen.

 

 

Hintergrund:

Erwin Rehn wurde 23. Februar 1927 in Heide geboren und ist am 23. Mai 2000 in Lehe bei Lunden verstorben. Er war ein deutscher Autor und Widerstandskämpfer.

Nach mehrfacher Verwarnung durch den Hitlerjugend-Streifendienst wurde der damals 15jährige Schüler denunziert, als er im Sommer 1942 englische Flugblätter mit seinen Schulkameraden diskutieren wollte. Er wurde zunächst mit „verschärftem Verweis“, Suspendierung und Degradierung diszipliniert, andere Hitlerjungen durften nicht mit ihm sprechen. Der Polizeiaufsicht unterstellt, wurde Erwin Rehn Anfang 1943 von der HJ-Gebietsführung in Kiel wegen Kontakten zu holländischen und dänischen Zivilarbeitern verhört. Anfang März flüchtete er, um einer drohenden Verhaftung zu entgehen.

Er wurde jedoch an der niederländischen Grenze gestellt und Ende Mai im Jugendkonzentrationslager Mohringen inhaftiert, da er „durch staatsschädigende Umtriebe in Gemeinschaft mit Ausländern, Verbreitung von Feindflugschriften, sowie beabsichtigte Landesflucht mit dem Ziele der Einreihung in die gegnerische Front, heimtückischen Verrat an Volk und Vaterland geübt und sich so aus der Gemeinschaft ausgeschlossen“ habe. Als „Lagerzögling 933“ wurde Erwin Rehn dem Strafblock der politischen Häftlinge zugewiesen. Er musste schwere körperliche Arbeit in einer unterirdischen Munitionsfabrik leisten, bis er Anfang April 1945 von amerikanischen Soldaten befreit wurde.

Die körperlichen und seelischen Schäden der zweijährigen Haft haben Erwin Rehn bis an sein Lebensende geprägt. Seine Tochter Marie-Elisabeth Rehn, die das Familienleben immer als schwierigen Balanceakt am Rande der Normalität empfand, hat gegen Ende der achtziger Jahre den Versuch gewagt, die Lebensgeschichte ihres Vaters aufzuschreiben und diese Biographie in den Alltag der Kleinstadt Heide einzubetten. Sie schildert in dem Buch „Heider Gottsleider“ das Leben ihres Vaters. Darin stellt sie fest, dass die zweijährige Haft die alles beherrschende, zentrale Erfahrung im Leben des Vaters war.

Prof. Uwe Danker vom Institut für schleswig-holsteinische Zeit- und Regionalgeschichte über das Buch: „Das Buch ist mehr als eine Lebens- und Leidensgeschichte: Eingeflochten in die Biographie des Kindes und Jugendlichen bietet die Autorin tiefe Einblicke in das Kleinstadtleben während der NS-Zeit. Zahlreiche Exkurse machen das Werk zu dem, was es ist, ein hochinteressantes Lesebuch über die NS-Zeit am Beispiel der Kleinstadt Heide. Marie-Elisabeth Rehn gelingt das Meisterstück, beides zu leisten: eine einfühlsame, ja liebevolle Biographie des Vaters und eine distanzierte, hinterfragende Arbeit über die Geschichte des Vaters und der Heimatstadt. Eine Publikation, die strengen wissenschaftlichen Ansprüchen genügt und bei uns in Schleswig-Holstein seit ihrer Erstveröffentlichung 1992 eine der wenigen, auf seriöser und sehr breiter Quellenbasis abgesicherten Pionierstudien zur lokalen Geschichte des Nationalsozialismus darstellt. Das Buch gehört vor allem in die Hände Jugendlicher, die den unangepassten Erwin Rehn gern als Identifikationsangebot annehmen können.“

Am 18. August 2011 hat Gunter Demnig einen Stolperstein zum Gedenken an Erwin Rehn am Kapellenplatz in Albersdorf (Holstein) verlegt.

 

Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Erwin_Rehn

http://www.dithmarschen-wiki.de/Erwin_Rehn

http://www.gedenkstaette-moringen.de/website/30.html

https://books.google.de/books?id=-gJk5AYLWacC&pg=PA245&lpg=PA245&dq=Erwin+Rehn&source=bl&ots=bq12-ghIjV&sig=dnhTjDOVh6qaYjNjmwroCV0Mc8A&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwil392g0tXYAhXE6qQKHYaiDCMQ6AEIWzAM#v=onepage&q=Erwin%20Rehn&f=false